Gesundheit darf keine Ware werden

Loxstedt/Hannover, 18.09.2019. Seit Beginn des Jahres kommt regelmäßig die vom Niedersächsischen Landtag eingesetzte Enquete-Kommission zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Niedersachsen zusammen. Dort werden seither Vorschläge erarbeitet, wie eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe Versorgung auch in Zukunft gesichert werden kann. Der heimische SPD-Landtagsabgeordnete Oliver Lottke aus Loxstedt ist Mitglied der Kommission. Im September hat das mit politischen Vertretern und externen Experten besetzte Gremium nach der Notfallversorgung mit der ambulanten medizinischen Versorgung nun den zweiten von insgesamt fünf Beratungsabschnitten abgeschlossen.
„Wir haben zahlreiche Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft angehört, darunter renommierte Sachverständige wie den Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Reinhard Busse von der TU Berlin. Es wurden zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen und beraten, in denen viele Entwicklungschancen stecken, die medizinische Versorgung in Niedersachsen nachhaltig zu verbessern“, zieht Lottke Zwischenbilanz. Oberste Leitmaxime sei für die SPD, dass Gesundheit keine Ware werden dürfe: „Und es darf nicht sein, dass der Wohnort darüber entscheidet, ob ein Mensch eine angemessene Gesundheitsversorgung erhält oder nicht“, legt der SPDPolitiker den Fokus auf die besondere Situation des ländlichen Raumes. Auch im Cuxland und im Landkreis Osterholz gebe es schon jetzt eine ausgedünnte Versorgung und absehbar nicht nur punktuelle Ausfälle.

Die Enquete-Kommission habe den Auftrag, konkrete Handlungsempfehlungen auf Landesebene an die Landesregierung abzugeben, die dann auch schnellstmöglich – also noch in dieser Legislaturperiode – umgesetzt werden sollen. Lottke: „Uns alle eint, dass wir keine Vorschläge entwickeln wollen, die letztlich nur Schubladen füllen.“
Der heimische SPD-Politiker sieht beispielsweise in der flächendeckenden Einführung des Interdisziplinären Versorgungsnachweises („IVENA“) in Niedersachsen eine vielversprechende Maßnahme: „Dabei geht es um ein technisches System, welches die Zusammenarbeit zwischen Rettungsleitstellen, Rettungsdiensten und Krankenhäusern verbessern und dadurch zu einer schnelleren Versorgung des Patienten im Notfall führen soll“, so Lottke. Dafür seien im Interesse einer zügigen Umsetzung bereits zusätzliche Mittel im kommenden Landeshaushalt berücksichtigt worden.
Für Lottke ist nach den bisherigen Beratungen und Expertenanhörungen im Rahmen der Arbeit der Kommission klar, „dass die Privatisierung im Gesundheitssystem ein neoliberaler Irrweg gewesen ist.“ Massive, offensichtliche Fehlentwicklung sprächen eine deutliche Sprache. Eine andere Deutung als die, dass die Privatisierung einem Verlust der flächendecken medizinischen Versorgung Vorschub leistet und dieser in Teilen bereits eingetreten ist, sei geradehin abwegig: „Wir müssen diesen Prozess stoppen, wir brauchen eine Privatisierungsbremse im Gesundheitssystem. Eine bittere Erkenntnis ist, dass in weiten Teilen der Rückzug des Staates aus dem Gesundheitssystem allenfalls Heuschrecken gesättigt, den Menschen aber wenig bis keinen Nutzen gebracht hat. Gesundheit darf keine Ware sein, sondern sie muss zentrales Element staatlicher Daseinsvorsorge bleiben“, so Lottke. Deshalb müsse die fortschreitende Ökonomisierung gestoppt und soweit wie möglich eine Rekommunalisierung mit Unterstützung von Land und Bund eingeleitet werden, so der SPD-Politiker.
Im nächsten Beratungsabschnitt wird sich die Enquete-Kommission ab dem 23. September mit der Sicherstellung der stationären Versorgung in Niedersachsen auseinandersetzen.